Deutscher Bundesrat stimmt Patentreform zu
Der Deutsche Bundesrat hat heute über zwei Gesetze abgestimmt, die der Reform des europäischen Patentsystems in Deutschland den Weg ebnen.
Höhe- und Schlusspunkt dieser seit den 1960er Jahren angestrebten Reform bildet ein völkerrechtlicher Vertrag, den die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit 24 weiteren europäischen Staaten am 19. Februar 2013 unterzeichnet hat. Das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (kurz: EPGÜ) sieht die Errichtung eines einheitlichen Patentgerichtes (kurz: EPG) vor, das für Streitigkeiten über Europäische Patente und die neu geschaffenen Europäischen Patente mit einheitlicher Wirkung (kurz: Einheitspatente) zuständig sein soll.
Voraussetzung für das Inkrafttreten des EPGÜ ist die Ratifikation durch mindestens 13 Vertragsstaaten, zu denen die Länder mit den meisten Patentanmeldungen, Deutschland, Frankreich und Großbritannien zählen müssen. Frankreich hat das Übereinkommen bereits im März 2014 ratifiziert, im Februar dieses Jahres erfolgte die Ratifikation durch den zwölften Staat, Italien. Voraussetzung für die Ratifizierung durch Deutschland ist nach dem Grundgesetz die Zustimmung zu dem Übereinkommen in Form eines Bundesgesetzes, das vom Bundestag beschlossen werden und die Zustimmung des Bundesrates erhalten muss.
Bereits im Juni 2016 hatte die Bundesregierung einen Entwurf für ein Gesetz zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften auf Grund der europäischen Patentreform an den Bundestag übersandt. Nach dem „Brexit“-Referendum im Vereinigten Königreich am 23. Juni 2016 hatte dieser zunächst eine Weile auf Eis gelegen. Nachdem die britische Regierung Ende letzten Jahres angekündigt hatte, das Übereinkommen trotz geplantem Austritt aus der EU ratifizieren zu wollen, wurde der Entwurf im Februar diesen Jahres dann gemeinsam mit einem Entwurf für das nötige Zustimmungsgesetz zum EPGÜ beraten und schließlich Anfang März vom Bundestag beschlossen. Die beiden Gesetze haben heute den Bundesrat passiert und sind damit gemäß Art. 78 Grundgesetz zustande gekommen. Sie können nun vom Bundespräsidenten gegengezeichnet, ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.
Das eine der beiden Gesetze, das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Februar 2013, erklärt die nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz erforderliche Zustimmung zu diesem Übereinkommen. Damit wurden die Voraussetzungen für die Ratifikation des Übereinkommens durch die Bundesrepublik Deutschland geschaffen, die nun nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Da die Ratifizierung durch Großbritannien ebenfalls bis zum Frühjahr erwartet wird, dürfte es somit nun nicht mehr lange dauern, bis das Übereinkommen tatsächlich in Kraft tritt.
Das ebenfalls verabschiedete Gesetz zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften ergänzt das Gesetz über internationale Patentübereinkommen (IntPatÜbkG) und stellt sicher, dass sich das durch die Verordnungen (EU) Nr. 1257/2012 und 1260/2012 eingeführte Einheitspatent in die deutsche Rechtsordnung einfügt.
So ist es nach § 8 IntPatÜbkG nicht möglich, dass ein nationales Patent in Deutschland neben einem Europäischen Patent, das demselben Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland mit derselben Priorität erteilt wurde, Wirkung entfaltet (Verbot des Doppelschutzes). Das Einheitspatent und das deutsche Patent können aber nebeneinander bestehen, denn nach dem neu geschaffenen § 15 IntPatÜbkG soll dieses Verbot für das Einheitspatent nicht gelten. Dies wiederum bedeutet für Patentinhaber, dass sie entweder wegen Verletzung des Einheitspatentes vor das EPG, oder wegen Verletzung des nationalen Patentes vor das Bundespatentgericht (BPatG) ziehen können. Zum Schutz des Beklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme enthält der neu eingeführte § 18 IntPatÜbkG eine Einrede, die der Beklagte vor dem BPatG geltend machen kann, wenn ein Verfahren gegen ihn in derselben Sache beim EPG rechtshängig ist oder bereits abgeschlossen wurde.
Für den umgekehrten Fall steht dem Beklagten allerdings bislang keine Einrede zur Verfügung. Die Bundesregierung hat in ihrem Gesetzesentwurf bereits das noch zu schaffende Einheitliche Patentgericht aufgerufen, „eine Lösung für den Fall der doppelten Inanspruchnahme zu finden“.
Auch wenn die Reform des europäischen Patentsystems heute einen Schritt weiter gekommen ist – abgeschlossen ist sie wohl noch lange nicht.